Kompetenzmanagement ist ein moderner Zugang zur Personalarbeit im Unternehmen, der die Fähigkeiten – oder: Kompetenzen – der Mitarbeitenden erfasst und mit ihnen weiterarbeitet. Dies ermöglicht es Unternehmen, die Personal-Ressourcen im Betrieb deutlich gezielter einzusetzen und weiterzuentwickeln.
In diesem Beitrag erfahren Sie, was unter Kompetenzmanagement genau zu verstehen ist und wie Sie es in der Praxis in Ihrem Unternehmen zielgerichtet einsetzen können.
Inhalt
- Definition: Was ist Kompetenzmanagement?
- Vorteile von strategischem Kompetenzmanagement
- Kompetenzmanagement in der Praxis: Modell zur Umsetzung
- Beispiele für Kompetenzmanagement
- Fazit
Definition: Was ist Kompetenzmanagement?
Bei Kompetenzmanagement handelt es sich um den Umgang mit den innerhalb eines Unternehmens vorhandenen Kompetenzen der Belegschaft. Diese werden aktiv verwaltet und ausgebaut, um zur Zielerreichung des Betriebs beizutragen.
Zunächst müssen dafür die vorhandenen Kompetenzen identifiziert und dargestellt werden. Dafür kommen verschiedene Diagnostik-Tools bzw. Kompetenzmodelle zum Einsatz. In weiterer Folge gilt es, die identifizierten Kompetenzen zu systematisieren.
Ausgehend hiervon hat das Kompetenzmanagement verschiedene zentrale Aufgaben: Einerseits gilt es, vorhandene Kompetenzen und Potenziale weiter auszubauen und zu stärken. Andererseits sollen die aktuellen Kompetenzen bestmöglich eingesetzt werden, um die Unternehmensziele zu erreichen.
Wichtig ist, dass Kompetenzmanagement als strategische Funktion im Kontext des Human-Ressource-Management verstanden wird. Der Fokus liegt dabei auf der Personalentwicklung – aber auch für die Unternehmensführung oder etwa das Recruiting liegen Abhängigkeiten und Querverbindungen vor.
In der Praxis werden dabei verschiedene Mitarbeitenden-Kompetenzen unterschieden, hierfür liegen unterschiedliche Modelle vor. Ein Beispiel wäre etwa das KODEX-Modell von Volker Heyse und John Erpenbeck (mehr dazu später), das folgende Kompetenzen unterscheidet:
- Personale Kompetenzen (bspw. Eigenverantwortung, Einsatzbereitschaft oder Zuverlässigkeit)
- Aktivitäts- und Handlungskompetenzen (bspw. Belastbarkeit, Tatkraft oder Ergebnisorientiertes Handeln)
- Sozial-kommunikative Kompetenzen (bspw. Kooperationsfähigkeit, Teamfähigkeit oder Problemlösungsfähigkeit)
- Fach- und Methodenkompetenzen (bspw. Analytische Fähigkeiten, Fachwissen oder Konzeptionsstärke)
Vorteile von strategischem Kompetenzmanagement
Wie die Definition bereits zeigt, handelt es sich bei Kompetenzmanagement um keine Tätigkeit, die nebenbei erledigt werden kann. Insbesondere die Grundlagenarbeit bindet viele Ressourcen, da allein das Erfassen sämtlicher vorhandener Kompetenzen einen massiven Arbeitsaufwand darstellt.
Darüber hinaus ist damit starker Wartungsaufwand verbunden, da sich Kompetenzen weiterentwickeln (im besten Fall durch gezielte Maßnahmen) und gewisse Potenziale aber verloren gehen können, etwa über Personalaustritte.
Warum also sollten Sie diesen Aufwand auf sich nehmen? Im Folgenden finden Sie die wesentlichsten Vorteile eines strategischen Kompetenzmanagement-Ansatzes:
- Höhere Produktivität: Aus einer betriebswirtschaftlichen Perspektive versprechen sich Unternehmen durch den gezielten Einsatz von strategischem Kompetenzmanagement eine Produktivitätssteigerung im Betrieb. Dies liegt im Wesentlichen daran, dass dezidiert darauf geblickt wird, dass jene Kompetenzen im Unternehmen vorhanden sind, die zur Erreichung der Ziele notwendig sind. Werden fehlende Kompetenzen identifiziert, so können Maßnahmen abgeleitet werden, um diese intern oder extern abzudecken. So stellen Betriebe sicher, dass die nötigen Rahmenbedingungen für einen erfolgreichen Betrieb vorliegen.
- Zielgerichtete Form der Personalentwicklung: Dass Kompetenzmanagement ganz eng mit der Personalentwicklung verzahnt ist, liegt auf der Hand. Konkret handelt es sich hier um eine besonders zielgerichtete und ganzheitliche Form dieser HR-Disziplin. Denn durch den hohen Stellenwert der vorhandenen Kompetenzen und Potenziale können einerseits maßgeschneiderte Perspektiven abgeleitet werden und andererseits jederzeit sichergestellt werden, dass die Maßnahmen auch zu einem Kompetenzerwerb führen, der einen aktiven Beitrag zur Erreichung der Unternehmensziele leistet.
- Höhere Mitarbeitermotivation und Mitarbeiterbindung: Auch aus Sicht der Mitarbeitenden bietet ein strategisches Kompetenzmanagement vielfältige Vorteile. Durch den hohen Stellenwert von Kompetenzen und deren Entwicklung erkennen Mitarbeitende, dass Ihre fachliche und persönliche Weiterentwicklung dem Unternehmen am Herzen liegt – das kommt an und unterstützt sowohl die Motivation als auch die Bindung Ihrer Belegschaft.
- Zielgerichtetere Personalbeschaffung wird möglich: Durch den Fokus auf Kompetenzen kann bereits vor Beginn des Recruiting-Prozesses noch besser abgeschätzt werden, welche Kompetenzen Kandidat·innen für eine offene Position mitbringen sollten. Dies erleichtert viele Schritte im Recruiting – etwa die Stellenausschreibung, das Screening von Bewerbenden, die Vorbereitung von Vorstellungsgesprächen oder auch die Personalauswahl. Denn bereits vorab ist klar, welche konkreten Kompetenzen bzw. Potenziale gesucht werden.
Kompetenzmanagement in der Praxis: Modell zur Umsetzung
Wenn es um die Umsetzung bzw. Etablierung eines gezielten Kompetenzmanagements in Unternehmen geht, hat sich das Modell eines integrierten Kompetenzmanagements von North und Reinhardt etabliert.
Das Modell geht davon aus, dass zwischen den Kompetenzprofilen der einzelnen Mitarbeitenden und den Kompetenzen des Unternehmens als solches unterschieden werden kann. Angestrebt wird dabei, diese beiden Kompetenzprofile integriert zu denken.
3 Phasen im integrierten Kompetenzmanagement-Modell
Hinsichtlich der Umsetzung unterscheidet das Modell in weiterer Folge in drei Phasen, die im Folgenden kurz vorgestellt werden:
- Identifikationsphase: Das Vorgehen beginnt mit einer umfassenden Analyse, in der die wichtigsten Kompetenzfelder eines Unternehmens identifiziert werden. Auf Basis dieser Ergebnisse soll in weiterer Folge die Zielsetzung des Kompetenzmanagements definiert werden. Nun wird ein sogenannter Aufgabenkatalog definiert, der die verschiedenen Kompetenzen enthält, die für unterschiedlichen Aufgaben innerhalb des Unternehmens notwendig sind. Aus dem Aufgabenkatalog werden in weiterer Folge sogenannte Rollen abgeleitet, die in einem Rollenkatalog gesammelt werden. Nun geht es darum, ein eindeutiges Kompetenzprofil für jede dieser Rolle zu definieren (Soll-Kompetenzprofil). Im vorliegenden Modell wird hier zwischen fachlichen, methodischen und sozialen Kompetenzen unterschieden.
- Validierungsphase: In dieser Phase geht es darum, die Ist-Kompetenzen der Mitarbeitenden zu erheben und in Beziehung zu den Soll-Kompetenzen zu setzen. Hierfür können verschiedene Instrumente zum Einsatz kommen – in der Regel sollten Sie darauf achten, dass Sie die Kompetenzen der Mitarbeitenden auf Basis einer zuvor definierten Skala bewerten, um eine möglichst hohe Vergleichbarkeit zu ermöglichen. In dieser Phase werden nicht nur die Mitarbeitenden mit dem passenden Kompetenzprofil in Bezug gesetzt, sondern auch eine gesamte Gruppe an Mitarbeitenden mit einer übergeordneten Kompetenzkarte.
- Transferphase: Die vorherige Phase hat für eine umfassende Transparenz über die vorhandenen Kompetenzen im Unternehmen gesorgt. Dies ermöglicht es in weiterer Folge, einen entsprechenden Kompetenztransfer innerhalb des Unternehmens anzustoßen. Hierfür wird aktiv in eine verstärkte innerbetriebliche Vernetzung investiert, um einen möglichst fruchtbaren Kompetenztransfer zu ermöglichen. Hier können verschiedene Software-Lösungen zum Einsatz kommen – etwa auch, um die Vernetzungsmuster aufzuzeigen.
Was Sie zur Umsetzung außerdem beachten sollten
Insbesondere Phase 2 gibt Ihnen einen guten Eindruck über die verschiedenen Entwicklungspotenziale, die für Rollen-Inhaber·innen vorliegen. Dabei handelt es sich um die Differenz zwischen Soll- und Ist-Stand der vorhandenen Kompetenzen.
Auf Basis dessen können Sie konkrete Maßnahmen ableiten, die es Ihnen ermöglichen, die Lücke zwischen Soll und Ist zu schließen. Hierfür eignet sich einerseits der interne Kompetenztransfer (siehe Punkt 3) und andererseits die Personalentwicklung über externe Maßnahmen.
Wichtig ist auch, dass Sie ein Bewusstsein für Kompetenzmanagement in Ihrem gesamten Unternehmen schaffen. Mitarbeitende werden hier sehr stark auf Basis verschiedener Kompetenzen eingeschätzt, was nicht immer gut ankommen kann. Stichwort: gläserne Mitarbeitende.
Zeigen Sie deshalb klar auf, welche Vorteile für die Mitarbeitenden durch dieses Konzept einhergehen: Nämlich gezielte Weiterbildungsmaßnahmen, die einen maßgeschneiderten Kompetenzerwerb für die Erfüllung der konkreten Rolle sicherstellen.
Zudem werden Sie in der Praxis nicht an der Verwendung einer Software-Lösung herumkommen, die eine Speicherung und Darstellung der verschiedenen Kompetenzprofile ermöglicht. Hierbei spielen etwa Aspekte wie Datenschutz eine entscheidende Rolle.
Insgesamt sollten Sie jedenfalls zeigen, dass Sie hiermit den Stellenwert der Kompetenzen Ihrer Mitarbeitenden für den Unternehmenserfolg erkennen und diese noch weiter ausbauen möchten. Davon profitieren nicht nur Sie, sondern auch Ihre Mitarbeitenden.
Beispiele für Kompetenzmanagement
Kompetenzmanagement ist ein vielschichtiger Ansatz im Personalwesen, der mit verschiedenen Aufgabenpaketen in der Praxis einhergeht. Das oben vorgestellte Modell des Kompetenzmanagements stellt einen ganzheitlichen Zugang dar, der diese Vielzahl an Aspekten vereint.
In der Praxis können jedoch verschiedene Teilbereiche eines umfassenden Kompetenzmanagement-Ansatzes allein zum Einsatz kommen. Auch somit können einige Vorteile genutzt werden, bei gleichzeitig geringerer Arbeitsbelastung durch die vielfältigen Aufgaben.
Im Folgenden finden Sie einige Beispiele für Maßnahmen im Unternehmen, die dem Kompetenzmanagement zuzuordnen sind:
- Erstellung von Job-spezifischen Kompetenzprofilen: Die Erstellung von Kompetenzprofilen ist in Unternehmen mittlerweile einigermaßen weit verbreitet. In der Regel hat es sich aus Gründen der praktischen Umsetzung etabliert, generelle Kompetenzprofile für gewisse Jobs im Unternehmen zu formulieren. Diese könnten in der Folge in gewisse Karrierestufen bzw. Spezial-Bereiche unterteilt werden, um eine genauere Ausformulierung zu ermöglichen. Jedenfalls aber helfen diese Profile beispielsweise bei jährlichen Entwicklungsgesprächen oder beim Personalrecruiting.
- Formate für internen Kompetenztransfer: Ganz nach Phase drei im intergierten Modell für Kompetenzmanagement ist die Schaffung von Formaten für internen Kompetenz- oder Wissenstransfer eine zentrale Maßnahme. Dies beginnt bei der Etablierung möglicher Formate zum Austausch zwischen Expert·innen-Runden für gewisse Bereiche und geht hin bis zu einer Erstellung einer Datenbank, um gewisse Kompetenzen festzuhalten und so einfach im Unternehmen teilbar zu machen.
- Assessment für vorhandene Kompetenzen: Zu Phase 1 des Modells zählt etwa ein Assessment, das auf eine Darstellung der vorhandenen Kompetenzen der bestehenden Mitarbeitenden abzielt. Im Grunde geht es hierbei darum, ein tatsächliches Kompetenzprofil für eine Person zu erstellen, das in weiterer Folge mit den Soll-Kompetenzprofilen abgeglichen werden kann.
- Einbezug von Kompetenzprofilen in den Recruiting-Prozess: Ein weiterer zentraler Aspekt ist es, die Personalgewinnung stärker an den Kompetenzprofilen auszurichten. So liegen neben den dezidierten Anforderungen für die operative Tätigkeit auch weitere geforderte Kompetenzen vor, die erfüllt werden sollten. So kann sichergestellt werden, dass Personen eingestellt werden, die gut in die aktuelle Kompetenzlandschaft im Unternehmen und in der Abteilung passen – zudem werden viele Teilprozesse im Recruiting massiv erleichtert: die Personalauswahl, die Vorbereitung auf Vorstellungsgespräche oder das Screening von Unterlagen zum Beispiel.
- Personalentwicklung auf Basis von Kompetenzlücken: Durch den Abgleich zwischen Soll- und Ist-Kompetenzprofilen der bestehenden Belegschaft können Sie auch in der Personalentwicklung gezielter vorgehen. Sie haben Lücken identifiziert und können das Schließen dieser priorisieren. Gleichzeitig wissen Sie nun, welche Entwicklungsmaßnahmen für welche Rollen am wichtigsten sind und können so datenbasierte Entscheidungen treffen.
Fazit
Kompetenzmanagement ist ein durchaus komplexes Thema, das insbesondere am Anfang einiges an Arbeitsaufwand bedeutet. Sind die nötigen Rahmenbedingungen aber geschaffen, so können Sie daraus in der Personalarbeit deutlich gezielter vorgehen.
Zudem werden Parallelen zu verwandten Konzepten des Human-Ressource-Managements deutlich. Auch Talent Acquisition legt einen großen Wert auf die Entwicklung bestehender Potenziale im Unternehmen – dies steht im Kompetenzmanagement ebenso im Zentrum.
Ein Anfang wäre jedenfalls, ein gezieltes Mapping von Kompetenzprofilen für verschiedene Rollen innerhalb Ihres Unternehmens. Hier könnten Sie etwa bei besonders geschäftskritischen Positionen beginnen und den Stock an Profilen weiter ausbauen.
Durch den Abgleich von Soll- und Ist-Kompetenzprofil der aktuell in dieser Rolle befindlichen Mitarbeitenden werden Entwicklungsperspektiven deutlich, die gleichzeitig einen gezielten Beitrag zu den Unternehmenszielen leisten.
Fest steht: Dieser ganzheitliche Ansatz ermöglicht es Unternehmen, Mitarbeitende gezielt so auszubilden, damit diese die verschiedenen Rollen im Sinne der Erreichung der Unternehmensziele bestmöglich erfüllen können. Demgegenüber steht der hohe Aufwand, der mit Kompetenzmanagement verbunden ist.