Recruiting Funnel: Definition, Beispiel und Tipps zur Optimierung

Immer mehr Unternehmen setzen in der Personalbeschaffung auf ein bewerberzentriertes Vorgehen. Dieses bedeutet in der Praxis oftmals auch, die Candidate Journey der Bewerbenden zielgenau abzubilden. Neben unterschiedlichen Mappings und Darstellungen der Kandidat·innen-Reise hat sich auch das Konzept des Recruiting Funnels etabliert. In diesem Beitrag erfahren Sie, was darunter zu verstehen ist, welche Vorteile mit dessen Verwendung einhergehen und wie Sie Ihre Personalbeschaffung anhand des Funnels optimieren können.

Recruiting Funnel Definition: Was ist das?

Ein Recruiting Funnel (engl. Sieb) ist eine Darstellung des gesamten Recruiting-Prozesses, der hierbei in verschiedene Phasen unterteilt wird – von der ersten Wahrnehmung des Arbeitgebers durch potenzielle Bewerbende bis zur erfolgreichen Einstellung. Dabei weist der Recruiting Funnel Ähnlichkeiten zu vielfältigen Konstrukten auf, wie etwa dem Bewerbenden-Funnel auf. Dieser beschreibt jedoch nur die Perspektive der Bewerbenden und endet mit der Bewerbung. Beim Recruiting Funnel hingegen stellt die Mitarbeiterbindung das Ende dar.

Das Konzept des Funnels kommt aus dem Marketing und beschreibt die verschiedenen Phasen, die potenzielle Kund·innen bis zum Abschluss, der Transaktion, durchlaufen. In der Regel beginnt der Marketing Funnel mit Awareness, also Aufmerksamkeit, und beinhaltet verschiedene Phasen, in denen das Interesse stetig ansteigt. Dasselbe gilt für den Recruiting Funnel, der in umgedrehter Pyramidenform aufzeigt, welche Phasen Bewerbende durchlaufen, bis Sie einen Vertrag unterzeichnen. Gleichzeitig finden sich hier auch Phasen wieder, die primär aufseiten der Recruiter·innen anfallen.

Recruiting Funnel Stufen

In der Regel lässt sich der Recruiting Funnel in sechs Stufen unterteilen, welche jeweils aufeinander aufbauen. Wie lange Interessent·innen in einer Phase verweilen, ist jeweils von der Person und der Vakanz abhängig. Zudem charakterisiert sich der Funnel des Recruiting dadurch, dass die Anzahl an Interessent·innen mit jeder Phase abnimmt, während das Interesse jedoch ansteigt. Und damit auch die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Einstellung. Es gibt verschiedene Darstellungen im Recruiting Funnel, wobei verschiedene Phasen in unterschiedlicher Anzahl verwendet werden. Diese Phasen sind:

  • Aufmerksamkeit
  • Interesse
  • Bewerbung
  • Auswahl
  • Vertragsangebot bzw. -unterzeichnung
  • Bindung und Gewinnung als Fürsprecher·in
Ein Recruiting Funnel besteht in der Regel aus diesen Phasen

Insbesondere die letzte Phase ist nicht unbedingt zum klassischen Umfang des Recruiting Funnels zu zählen. Vielmehr steht diese für einen modernen Zugang im Recruiting, bei dem nach erfolgreicher Einstellung bereits in die langfristige Bindung von Mitarbeitenden investiert wird. Um diese im besten Fall zu starken Fürsprecher·innen für das Unternehmen zu machen.

Recruiting Funnel: Beispiele entlang der Stufen

Der Recruiting-Funnel ist also eine Systematik, um den Recruiting-Prozess vom ersten Kontakt eines Talents mit dem künftigen Arbeitgeber bis zur Vertragsunterzeichnung bzw. der Bindung zu beschreiben. Im Folgenden erhalten Sie für jede Phase konkrete Beispiele, welche Maßnahmen, Tätigkeiten und Kontaktpunkte in dieser anfallen:

Aufmerksamkeit

In der Aufmerksamkeitsphase hat ein aktiv oder latent jobsuchendes Talent einen ersten, bewussten Kontakt mit Ihnen als Arbeitgeber. Hierunter fallen sehr häufig Employer-Branding-Maßnahmen, die der Bekanntheitssteigerung der Arbeitgebermarke dienen.

Ein konkretes Beispiel: Stefan klickt sich durch die Instagram-Stories und stößt auf eine Werbemaßnahme von Ihrem Unternehmen. In dieser sind in einem Kurzvideo Ihr Büro, Ihre Mitarbeitenden sowie Ihre Unternehmenskultur zu sehen. Stefan klickt sich weiter, hat Ihnen aber dennoch kurz seine aktive Aufmerksamkeit zugewandt.

Interesse

In der Interesse-Phase greifen Recruiting- und Employer-Branding-Maßnahmen häufig ineinander. Einerseits könnte das Talent beim Scrollen durch eine Job-Plattform wie XING auf Ihr Unternehmen stoßen. Andererseits wäre eine Employer-Branding-Werbeschaltung, die auf Ihre Karriereseite verlinkt, eine weitere Maßnahme, die zu einem verstärkten Interesse führen könnte.

Ein konkretes Beispiel: Stefan ist einige Tage später auf XING unterwegs und sucht aktiv nach offenen Stellen als Elektriker in seiner Region. Er filtert nach seinen Vorlieben und bekommt so eine treffsichere Auswahl mit Stellen, die wirklich zu ihm passen. Darunter: ein Inserat Ihres Unternehmens. Stefan erkennt Ihr Logo wieder und beginnt sich nun konkreter mit einer Bewerbung bei Ihnen auseinanderzusetzen.

Bewerbung

Diese Phase kann oftmals direkt auf die Interesse-Phase folgen – und zwar binnen weniger Augenblicke. Denn wenn Sie Talente mit Ihrer Stellenanzeige überzeugen können und die Bewerbungshürden niedrig sind, dann stehen die Chancen gut, dass direkt auf das gesteigerte Interesse auch bereits die Bewerbung folgt.

Ein konkretes Beispiel: Stefan scannt Ihre Stellenanzeige und ist von den integrierten Informationen zu Ihrer Unternehmenskultur, der transparenten Gehaltsangabe und den authentischen kununu Arbeitgeberbewertungen hellauf begeistert. Stefan entscheidet sich, sich bei Ihnen zu bewerben und freut sich, dass Sie eine XING Sofort-Bewerbung anbieten und sendet seine Bewerbung so mit nur einem Klick ab.

Auswahl

Diese Phase kann nun eine Vielzahl an Teilschritten beinhalten. Vom Bewerbermanagement über die geplanten Interviews bis hin zu einem möglichen Assessment Center: In dieser Phase geht es darum, die eingegangenen Bewerbungen sorgfältig zu prüfen und das für Sie geeignetste Talent auszuwählen.

Hierbei geht es auch darum, Ihren Bewerbenden eine positive Candidate Experience zu bieten – mit schnellen Rückmeldungen und transparenter, proaktiver Kommunikation. Hierfür lohnt es sich in der Praxis zumeist, auf die Verwendung eines Bewerbermanagementsystems zu setzen. Dieses erleichtert Ihre internen Prozesse signifikant und ermöglicht es Ihnen, eine hervorragende Bewerbungserfahrung sicherzustellen.

Ein konkretes Beispiel: Stefan erhält wenige Minuten nach seiner Bewerbung bereits eine erste Eingangsbestätigung, in der ihm mitgeteilt wird, dass Sie als Unternehmen sich in wenigen Tagen bei ihm melden. Tags darauf meldet sich Ihr·e Recruiter·in bei Stefan und klärt das weitere Vorgehen telefonisch. zudem werden hier bereits erste Fragen zur Eignung gestellt. Die zwei geplanten Interviews inkl. Kennenlernen im Team finden in der Folge dank guter Planung innerhalb von zwei Wochen statt. Den gesamten Auswahlprozess über hat Stefan eine persönliche Ansprechperson zur Hand.

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Vertragsangebot bzw. -unterzeichnung

Je nach Betrachtungsweise könnte diese Phase auch bereits den letzten Schritt des Recruiting Funnels darstellen. Mit der Unterbreitung des Angebots bzw. dessen Unterzeichnung dürfen Sie sich freuen: Sie haben erfolgreich das richtige Talent für Ihre Vakanz gefunden, überzeugt und eingestellt. In dieser Phase geht es darum, die Formalitäten professionell und effizient abzubilden und für Bewerbende keine Stolpersteine mehr zu bieten, die zu einem späten Absprung führen könnten. Es lohnt sich zumeist, einigermaßen schnell ein Angebot zu unterbreiten, wenn Sie Kandidat·innen überzeugen.

Ein konkretes Beispiel: Stefan konnte Sie vollends begeistern. Bereits nach dem Team-Kennenlernen ist für alle klar: Sie wollen Stefan in Ihrem Team. Sie bereiten direkt ein Angebot vor, dass Sie Stefan tags darauf via E-Mail zusenden. Zuvor melden Sie sich zusätzlich telefonisch. Durch die schnelle Abwicklung des gesamten Prozesses ist für Stefan klar: Er wird Ihr Angebot annehmen.

Bindung und Gewinnung als Fürsprecher·innen

Diese Phase orientiert sich stark an modernen Zugängen zu Marketing Funnels. Statt mit dem Kund·innen- bzw. Talentgewinn abzuschließen, wird hier bereits daran gedacht, wie sich dieses Talent (oder eben Kund·in) langfristig an das Unternehmen binden lässt. Oder im besten Fall sogar als Fürsprecher·in gewinnen lässt.

Dies beginnt mit Maßnahmen wie einem geschickten Pre-Onboarding, das bereits vor dem ersten Arbeitstag für eine stärkere Bindung sorgt. Mit gezielten Maßnahmen in den ersten Arbeitswochen können Sie zudem sicherstellen, dass Talente eine positive Beziehung zu Ihnen aufbauen und Ihnen somit langfristig erhalten bleiben. Das wiederum senkt die Fluktuationskosten signifikant.

Ein konkretes Beispiel: Stefan hat bei seinem aktuellen Arbeitgeber drei Monate Kündigungsfrist. Eine lange Zeit, wenn man hier den Kontakt völlig abreißen lässt. Da Stefan in der Nähe Ihres Büros arbeitet und wohnt, laden Sie ihn deshalb in regelmäßigen Abständen zur Interaktion ein: Sei es ein kurzes Telefonat mit der·dem zukünftigen Vorgesetzten, ein Mittagessen in Ihrer Kantine oder ein gemütlicher Drink auf Ihrer Dachterrasse.

So investieren Sie bereits vor dem ersten Arbeitstag in eine starke Mitarbeiterbindung, die sich mit gezielten Maßnahmen ab dem ersten Arbeitstag nur noch zusätzlich verstärkt. Stefan fühlt sich gut aufgehoben, arbeitet motiviert und spricht auch in seinem privaten Umfeld nur positiv von Ihrem Unternehmen.

Tipps zur Optimierung entlang des Recruiting Funnels

Die Vorstellung Ihres Prozesses der Personalgewinnung als Funnel ermöglicht es Ihnen durch die gute Übersichtlichkeit, sich vor Augen zu führen, in welchen Bereichen möglicherweise noch Verbesserungspotenziale innerhalb Ihres Recruitings liegen. Im Folgenden erhalten Sie einige Tipps entlang des Recruiting Funnels:

Tipps für die Aufmerksamkeitsphase

Für ein Sieb gilt: Je mehr Sie oben hineingeben, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie auch unten mehr herausbekommen. Gleichzeitig ist aber auch hier Quantität nicht alles: Geben Sie Materialien in einen Sieb, die so gar nicht hineinpassen, arbeiten Sie natürlich ineffizient. Umgelegt auf den Recruiting Funnel bedeutet dies, dass Sie einerseits versuchen sollten, dass so viele potenzielle Interessent·innen wie möglich mit Ihrem Unternehmen in Kontakt kommen. Andererseits sollten Sie aber nicht zu breit werden, um in der Ansprache dennoch effizient zu bleiben.

Ganz konkret gesprochen, könnten Sie etwa mit gezielten Employer-Branding-Kampagnen auf sozialen Medien und einem Employer Branding Profil auf kununu und XING die Aufmerksamkeit für Ihre Arbeitgebermarke genau dort erhöhen, wo potenzielle Bewerbende auch zu erreichen sind.

Tipps für die Interessensphase

In der Interessensphase geht es im Wesentlichen darum, ausreichend Möglichkeiten für Interessent·innen zu schaffen, sich tiefergehend mit einer Beschäftigung bei Ihnen auseinanderzusetzen. Dies heißt vor allem: Seien Sie mit Ihren Stellenanzeigen umfassend präsent: Auf XING, auf Social-Media-Plattformen, auf kununu. So stellen Sie sicher, dass Talente immer wieder mit Ihren offenen Stellen in Kontakt kommen und erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer abgeschlossenen Bewerbung.

Tipps für die Bewerbungsphase

In dieser Phase geht es vorrangig darum, angenehme Bewerbungsmöglichkeiten zu bieten, die für eine möglichst geringe Absprungrate sorgen. So hat sich beispielsweise eine Sofort-Bewerbung per Klick via XING bewährt, um hohe Bewerbungsraten zu erzielen. Zudem setzen immer mehr Unternehmen auf moderne Bewerbungsmöglichkeiten, wie etwa mittels einem automatisierten WhatsApp-Chat, der Interessent·innen mit Fragen und Nachrichten zur abgeschlossenen Bewerbung leitet.

Schließlich gewinnen auch sogenannte Flows als Bewerbungsmöglichkeit an Relevanz: Hierbei klicken sich Talente durch einige wenige Fragen – mit möglichst wenig Uploads und Eingabefeldern –, um so ihre Bewerbung abzuschließen. Auch hiermit können sehr geringe Abbruchraten erzielt werden.

Tipps für die Auswahlphase

Im Personalauswahlverfahren ist Präzision wichtig, das steht außer Frage. Schließlich gilt es für Sie als Unternehmen, das passendste Talente für Ihre Vakanz auszuwählen. Und hierbei sollten Sie Fehler so weit wie möglich vermeiden. Gleichzeitig geht es in Bewerbungsprozessen immer öfter um den Faktor Schnelligkeit. Als Unternehmen sollten Sie also versuchen, einen guten Mittelweg zwischen Präzision und Schnelligkeit zu finden – etwa indem Sie die Anzahl an Prozessschritten so gering wie möglich halten.

Ein wesentlicher Hebel, um die Geschwindigkeit im Prozess zu erhöhen, liegt in der Terminfindung für Vorstellungsgespräche. Hierbei wäre es etwa möglich, dass Sie fixe Termine in den Kalendern der zukünftigen Vorgesetzten blocken, damit Sie schneller einen Vorschlag für einen Vorstellungsgesprächstermin unterbreiten können.

Tipps für die Phase des Vertragsangebots bzw. der Unterzeichnung

In dieser Phase geht es darum, möglichst professionell und effizient zu agieren und die Rahmenbedingungen der künftigen Zusammenarbeit zu fixieren. Hier sollten Sie transparent agieren und ausreichend Möglichkeiten für Rückfragen bieten. Je schneller Sie zudem ein Angebot an ein passendes Talent unterbreiten können, desto besser. Denn so reduziert sich die Wahrscheinlichkeit, dass dieses in der Zwischenzeit ein anderes interessantes Angebot bekommen hat.

Tipps für die Bindungsphase

Um Mitarbeitende möglichst schnell an Ihr Unternehmen zu binden, gilt es, bereits im Onboarding die richtigen Schritte zu setzen. Dazu zählt etwa ein gezieltes Pre-Onboarding vor dem ersten Arbeitstag, aber auch eine professionelle Vorbereitung der ersten Arbeitswochen. Hierbei könnte sich etwa ein Buddy-System eignen, zudem sind regelmäßige Termine zum Austausch mit dem·der Vorgesetzten empfehlenswert. So können Sie frühzeitig reagieren, wenn Neuzugänge in irgendeiner Weise unzufrieden sind und entsprechende Gegenmaßnahmen setzen.

Als Faustregel gilt hier: Schaffen Sie für all Ihre Mitarbeitenden ein angenehmes Arbeitsumfeld, haben Sie ein offenes Ohr für Anliegen und stellen Sie so sicher, dass sich Ihre Belegschaft wohlfühlt – und zwar langfristig.

Alternative: Das Recruiting Wheel

Als Alternative zum Recruiting Funnel erfreut sich das Recruiting Wheel steigender Beliebtheit. Dabei wird der Prozess kreisförmig dargestellt und der Stellenwert des Fürsprecher·innen-Daseins Ihrer bestehenden Mitarbeitenden steigt. Das Wheel geht davon aus, dass die Überzeugung Ihrer neuen Mitarbeitenden direkten Einfluss auf die Akquise von neuen Talenten hat – eben durch den Aspekt der Empfehlungen und des positiven Word-of-Mouths durch Ihre Belegschaft.

Das Recruiting. Wheel ist eine schematische Darstellung des Recruiting-Prozesses

Das Recruiting Wheel denkt die Personalgewinnung also weniger linear als der Recruiting Funnel, der eher zugeschnitten auf einen einzelnen Einstellungsprozess Sinn macht. Das Recruiting Wheel wiederum kann auf das gesamte Recruiting umgelegt werden, indem aus einer erfolgreichen Einstellung im besten Fall ein positiver Effekt für die nächste Einstellung entsteht. Als Phasen werden für das Recruiting Wheel zumeist die folgenden verwendet:

  • Attract: Aufmerksamkeit erzielen
  • Engage: Interaktion anregen
  • Convert: Konvertierung erzielen
  • Hire: Bewerbende einstellen
  • Delight: Als Arbeitgeber überzeugen

Fazit

Es gibt diverse Zugänge, um den Recruiting-Prozess greifbar zu machen. Besonders verbreitet ist dabei der Recruiting Funnel, der in diesem Beitrag ausführlich vorgestellt wurde. Dabei handelt es sich um eine schematische Darstellung der Phasen, die Bewerbende bis zur Einstellung durchlaufen. Zudem hilft Ihnen der Recruiting Funnel dabei, strukturiert nach Verbesserungspotenzialen für Ihr Recruiting zu suchen. In diesem Beitrag haben wir Ihnen für die verschiedenen Phasen gezielte Tipps zur Verbesserung gegeben.